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Klangerlebnisse aus dem Wacholderweg

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Musiker Andreas Willers
Andreas Willers
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Rock, Jazz und Neue Musik

Stand: Oktober 2016

Oft sind es die Gegensätze, die verbinden. Dennoch kommt wohl kaum jemand auf die Idee, stimmungsvollen Blues und hart-aufmüpfige Rockmusik zusammen mit Avantgarde-Jazz und elitärer Neuer Musik in einen Topf zu werfen. Wer würde so ein Kuddelmuddel hören wollen?

In Kleinmachnow sitzt ein „Hexenkünstler“, dem als einer der wenigen diese Melange meisterhaft gelingt. Er hat einen Heidenspaß dabei, exakt diese Stile, die auf den ersten Blick überhaupt nicht zueinander passen, in einen Topf zu werfen, schelmisch zu rühren, und schließlich zu begeistern. Davon sprechen über 40 Veröffentlichungen.

Platten über Platten
Es gibt sie auf Vinyl-Platten, auf CDs und im Internet. Während viele „populäre“ Künstler auf Eigenpressungen im Selbstvertrieb angewiesen sind, kann sich Andreas Willers bequem mit seiner E-Gitarre zurücklehnen. Er wird von Speziallabels vertreten, die gängige Plattengeschäfte beliefert. „Pro Jahr erscheinen von mir ein bis zwei CDs. Ich wundere mich immer wieder, dass die wie eh und je nachgefragt werden. Hatte es doch schon vor 15 Jahren geheißen, dass es bald nur noch digitale Musikdateien geben würde, die man übers Internet herunterlädt“, so Andreas Willers.

Mit 14 eigene Band
Eigentlich sollte der heute 59-Jährige Klavier lernen. Doch stattdessen lockte ihn Papas Gitarre. „Wir hatten die heißen 1970-er Jahre. Mich faszinierten die angesagten Künstler wie die Beatles, Cream, Jimi Hendrix. Irgendwie bin ich dann auf John Coltrane gestoßen. Dadurch wurde ich auf Jazz aufmerksam“, beschreibt Willers seinen Werdegang. Der war mehr als ungewöhnlich, insbesondere für jemand, der aus dem beschaulichen Städtchen Rendsburg in Schleswig-Holstein stammt: „Ich hatte mit 14 Jahren meine erste Band, war mit 18 Jahren bundesweit unterwegs. Parallel zur Rockmusik spielte ich in Jazz-Bigbands.“ Um sich das angestrebte Studium in den USA leisten zu können, machte Willers Tanzmusik: „Ich spielte in Festzelten und auf anderen Veranstaltungen!“

In der Schule bei Abercrombie
Willers gelang es, einen der begehrten Studienplätze am „Musicians Institute“ in Los Angeles zu ergattern. „Die Amerikaner sind sehr effizient. Ich konnte in einem Jahr vier Semester machen“, ist er noch heute voll des Lobes. Anschließend war er an der „Hochschule für Musik und Theater“ in Hamburg. In Kanada ging er sogar bei Jazzlegende John Abercrombie „zur Schule“. Zurück in Deutschland lernte Andreas Willers über seinen Onkel Bernd Krause den Reiz der Neuen Musik kennen, die von Arnold Schönberg und Alban Berg in den 1920-er Jahren begründet wurde. „Ich erkannte die Möglichkeit, das alles zusammenzuführen. Dadurch erweiterte sich für mich das AusdrucksSpektrum erheblich“, erklärt Andreas Willers den weiteren Wandel. Das Ergebnis dieser unterschiedlichen Einflüsse war sein erstes Soloalbum „Hier & Als Auch“.

Ausgezeichnete Songs
Der öffentliche Durchbruch gelang 1981 beim „Total Music Meeting“ in Berlin. Seit 1983 wohnt er dort. Im gleichen Jahr erhielt er den Preis der Deutschen Phonoakademie. Mit dem Quartett „Out To Lunch“ war er bei einschlägigen Festivals gefragt. Mittlerweile hatte ihn das „Goethe Institut“ entdeckt. Er wurde weltweit zu Auf-tritten geladen, um einen etwas anderen Blick auf die „deutsche Kultur“ zu ermöglichen. Verschiedene Bandprojekte erhöhten seinen Bekanntheitsgrad. 1987 erhielt er den renommierten „SWF-Jazzpreis“. Seine Kompositionen wurden vom „Jazz Baltic Ensemble“ und sogar von der „NDR Bigband“ eingesetzt. Er ist Gründungsmitglied der „Jazzfront Berlin-Brandenburg“.

Liebe im Zug
Kurioserweise waren es seine ausgedehnten Tourneen, die dafür sorgten, dass Andreas Willers schließlich „sesshaft“ wurde: „Ich war mit Band per Zug unterwegs. Im Abteil war eine berauschende Frau, da hat es gefunkt.“ Mittlerweile sind es runde 15 Jahre, dass Katharina Roßmüller, die eine Allgemeinarztpraxis in Berlin betreibt, und Andreas Willers sich in Kleinmachnow zuhause fühlen. Sohn Jan Lukas Roßmüller, 22, tritt in die Fußstapfen der Mutter, die Klavier spielt. Er ist dabei, ganz wie der Papa Berufsmusiker zu werden. „Er studiert in Osnabrück Klavier“, so der ungewöhnliche Gitarrist. Töchterchen Karla , 14, geht in Kleinmachnow ins Evangelische Gymnasium. „Sie liebt Klavier und Tanzen“, freuen sich die Eltern über ihre kreative Ader.

Technik wie bei Hendrix
Andreas Willers ist bescheiden, was nicht verbergen kann, dass er viele Superlative auf sich vereint. So hat seine ungewöhnliche Art, mit der E-Gitarre umzugehen, Fans und Kritiker überzeugt. Das Instrument gibt er am liebsten mit „Marshall-Röhrenverstärkern“ wieder, wie sie „The Who“, Jimi Hendrix, Eric Clapton und andere Rocklegenden benutzten. Er ist fleißig, ständig auf Achse. Mindestens einmal in der Woche hat er Live-Auftritte. Schließlich ist er in „aktuell etwa neun Bands und Projekten“ aktiv. In Kleinmachnow kennt man ihn von Jazz im „Kultraum“.

Das Leben feiern
Musik ist für ihn „angewandte Philosophie. Damit kann ich das Leben feiern. Das gelingt mir alleine, mit mir selbst, aber noch mehr in Konzerten mit dem Publikum.“ Wer nun denkt, Andreas Willers wäre mittlerweile ein abgehobener Künstler, der sollte mal in seine Platten hören. Eindrücke sind auf seiner Internetseite abrufbar. Die erinnern teilweise mehr an „Pink Floyd“ als an Zwölftonmusik, sind spannend, machen Geschmack auf mehr. Das wissen die Nachbarn im Wacholderweg sehr zu schätzen: „Wir haben in der Straße ein jährliches Siedlungsfest. Dazu haben wir eine Nachbarschaftsband gegründet, zu der Robert Downes an der Gitarre, Ralph Zimmermann mit Keyboards und Saxophon sowie Bert Schadow am Bass gehören. Da machen wir dann richtig bodenständigen Altherrenrock“, zeigt der jung gebliebene 59-jährige eine weitere unerwartete Seite!

Erstellt: 2016