Leidenschaft für spannende Schriftsteller: Kleinmachnower ist Experte für Tucholsky und Kafka
Tucholsky- und Kafka-Experte | |
Roland Templin | |
E-Mail: | roland.templin@web.de |
Weltweit einzigartig
Stand: November 2024
Wenn man heute die junge Generation nach Tucholsky und Kafka fragt, dann trifft man oft auf rätselnde Blicke und hochgezogene Augenbrauen.
In Kleinmachnow gibt es dazu einen Experten, der auf die wohl größte private Sammlung von Tucholsky weltweit verweisen kann. Zudem hat er es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben sowie die tiefsten Gedanken der beiden Schriftsteller zu erforschen und begibt sich damit auf eine Art Zeitreise.
Sobald Roland Templin anfängt, über diese beiden interessanten Männer zu erzählen, blitzen in seinen Augen die Funken des Wissens und der Begeisterung, sein Körper nimmt eine gerade Haltung an und seine Hände verstärken ausschweifend seine Worte. Diese Leidenschaft ist ansteckend und man kann seine Faszination spüren.
Roland Templin ist ein echter Kenner von Kurt Tucholsky und Franz Kafka. „Obwohl die beiden Schriftsteller zur gleichen Zeit lebten und schrieben, reflektieren ihre Werke unterschiedliche Perspektiven auf die Gesellschaft“, fasst er zusammen. Mit jeder Anekdote und all den Details, die der Kleinmachnower teilt, öffnet sich für seinen Zuhörer eine neue Welt, in der das Spiel mit Sprache, die Schärfe der Beobachtung und die Tragik des Lebens lebendig werden. Roland Templin weiß, wie man diese komplexen Themen mit Klarheit vermittelt, sodass selbst diejenigen, die kaum mit den Namen vertraut sind, schnell gefesselt sind.
Ein Haus voller Literatur
Die private Sammlung in seinem Haus in Kleinmachnow, die allein für Tucholsky über
2 500 Originalpublikationen umfasst, enthält neben Büchern unter anderem Briefe, Erstausgaben, Buchkritiken, Postkarten und seltene Schriftstücke, die die literarischen Karrieren von Tucholsky und Kafka dokumentieren. Roland Templin erzählt gern anschaulich von Tucholskys Humor und seiner scharfen satirischen Feder, die sich gegen die Missstände seiner Zeit richtete, und von Kafkas düsteren, surrealen Erzählungen mit meist eigenen privaten Einflüssen, die oft als Spiegel der menschlichen Existenz verstanden werden. „Bei meinen ersten Begegnungen mit Franz Kafka hatte ich das Gefühl, bei ihm passiert doch nichts. Aber beim Vertiefen in seine Literatur wurde mir klar, dass ich in ihm alles gefunden habe, was man in der Welt wahrnehmen sollte“, ist er selbst erstaunt über die Veränderung seines Blickwinkels.
Der Freund war schuld
Roland Templin stammt aus Schleswig-Holstein und war seit Kindheit an ein begeisterter Leser. Im Jugendalter lag sein Fokus überwiegend auf Romanen. Mit 18 verschlug es ihn zum Biologie-Studium nach Berlin, wo er häufig die Bibliothek nutzte. Dabei kam es schon mal vor, dass er sich am Stück gleich 50 Bücher auslieh. „Eines Tages schenkte mir ein Freund eine zehnbändige Tucholsky-Sammlung, die ich gierig verschlang“, blickt der heute 66-Jährige auf den Beginn seiner Faszination zurück. Später erweckte Kafka seine Aufmerksamkeit, bei dem es viel um komplexe Philosophie geht. Roland Templin fing an, in Antiquariaten und speziellen Büchergeschäften Ausschau zu halten und erwarb so nach und nach alles, was er zu den beiden Schriftstellern finden konnte.
Wer war Kurt Tucholsky?
Kurt Tucholsky wurde 1890 in Berlin geboren und war ein deutscher Schriftsteller, Journalist und Satiriker. Er gehörte zu den führendsten Stimmen der Weimarer Republik und brachte es auf an die 3 700 Veröffentlichungen. Er schrieb unter verschiedenen Pseudonymen, darunter „Theobald
Tiger“ und „Ignaz Wrobel“.
Bekannte Werke sind „Rheinsberg: Ein Bilderbuch für Verliebte“, „Der Zeitsparer“ oder „Träumereien an preußischen Kaminen“. Er fing an, Jura zu studieren, und war zeitweiliger Herausgeber der Wochenzeitschrift „Die Weltbühne“, wofür er politische Beiträge verfasste. Dort arbeitete er mit dem
Publizisten Siegfried
Jacobsohn zusammen, von dem der Kleinmachnower Sammler ebenfalls einige Autographen in seinem Bestand hat. Tucholskys Tod mit 45 Jahren gilt gemeinhin als Suizid. Vieles spricht dafür. So fand man in einem Tagebuch von ihm Gedanken zum Tod. Ebenso trug er lange Zeit einen Abschiedsbrief an seine zweite Frau Mary Gerold bei sich,
die sich 1928 von ihm getrennt hatte. Roland Templin hat über die Todesursache von Kurt Tucholsky allerdings eine andere Überzeugung. „Ich denke, es war eher ein Versehen. Lange Zeit litt Tucholsky unter Schlafproblemen, was er mit Beruhigungsmitteln und viel Alkohol bekämpfte. Meiner Meinung nach hat ihm diese Mischung unverhofft das Leben gekostet“, erzählt er von seinen Gedanken.
Faszination Franz Kafka
Franz Kafka erblickte 1883 in Prag das Licht der Welt. Er stammte aus einer bürgerlichen Familie und erhielt eine gute Schulbildung. Er studierte Rechtswissenschaften an der „Deutschen Universität Prag“, was ihm ein solides
Fundament für seine schriftstellerischen Arbeiten gab. Man ordnet ihn als Vertreter der literarischen Moderne ein. Kafka arbeitete für die „Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt“ und fing an, nebenbei zu schreiben, brachte viele Notizen in Tagebüchern unter. Seine bekanntesten Werke, darunter „Die Verwandlung“, „Der Prozess“ und „Das Schloss“, thematisieren existenzielle Ängste und die Absurdität des Lebens. Er starb viel zu früh im Alter von 40 Jahren an Tuberkulose. Viele seiner Schriftstücke wurden erst posthum veröffentlicht.
Neue Biografie im Blick
Roland Templin ist ständig bemüht, sein Wissen zu erweitern und neue Sachverhalte aufzudecken. In diesem Zuge traf er auf den viel gelesenen Georg Hermann, dessen Leben den Kleinmachnower so sehr bewegt, dass er nun über den 1871 in Berlin geborenen Schriftsteller eine Biografie schreiben wird.
Dazu hat er an die tausend bibliografische Fundstellen ermittelt und ausgewertet. Auch hier ist er mit der Frage zu seinem Tod im Unreinen. „Laut der Überlieferung starb er 1943 im KZ Auschwitz-Birkenau, wo er mit einem Zug hin unterwegs war. Allerdings gibt es über seine Ankunft dort keine Notiz. Ich habe weiterhin die Fahrt bis dahin verfolgt und festgestellt, dass die Fahrzeiten und Stationen an den Bahnhöfen nicht übereinstimmen“, zweifelt er an der offiziellen Theorie. Nun kann man auf seine Recherche gespannt sein, die er sicher in seinem Buch offenbaren wird und was für alle
Generationen lesenswert sein wird.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Schriftsteller der damaligen Zeit auf den ersten Blick nicht die einfachsten Autoren für die heutige Jugend sind, aber Roland Templin gelingt es, ihre Gedanken und Ideen so aufzuarbeiten, dass sie in die moderne Welt übertragen werden können.
Übrigens jährte sich 2024 der hundertste Todestag von Franz Kafka und dank des Kleinmachnowers wird man sicher in weiteren hundert Jahren noch immer über diese Literaten sprechen.